better code, better life!
Lion5 ist ein Startup, das verschiedene Leistungen im großen Themenbereich der Digitalisierung anbietet - von Reviews bestehender Software-Lösungen, Implementierung eines konkreten Cloud-Services oder Schulungen im Cloud-Umfeld. Der Gründer ist Dr. Andreas Schönberger, nebenbei auch noch als Gastdozent an der Uni Bamberg tätig. Im Interview erzählt er von den Anfängen, den Herausforderungen, der eigenen App Bonista und warum er Förderprorgamme in seinem Bereich nicht für den sinnvollsten Weg hält.
start.land.flow: Seit wann gibt es Lion5 und wie groß seid Ihr?
Dr. Andreas Schönberger: Lion5 ist noch gar nicht so alt, ich habe im Dezember 2017 gegründet. Mittlerweile arbeiten dort 16 Personen.
start.land.flow: Was hat Dich dazu bewegt, Lion5 zu gründen?
Schönberger: Ich wollte die ganze Zeit selbstständig sein. Ich wollte Software für die Wirtschaft und Industrie in der Region entwickeln und eine Firma schaffen, in der Softwareentwicklung kein Wurmfortsatz von beispielsweise Elektrotechnik ist. Wichtig ist mir, dass Entwickler nicht nur ein Kostenfaktor sind, sondern der wertschöpfende Faktor, der Motor. Das ist nämlich den meisten Entwicklern selbst unheimlich wichtig. Viele nehmen in Unternehmen eine Rolle ein, die nicht so relevant erscheint. Das Unternehmen ist zum Beispiel auf Maschinenbau ausgelegt, damit ist auch der Produktpreis auf Maschinen ausgelegt. Software ist dabei in der Vorstellung nicht wichtig, vor allem nicht eine sich entwickelnde Software. Die Einstellung ändert sich zwar gerade, aber trotzdem ist Software as a Service noch nicht überall durchgedrungen. Unser Slogan ist „better code, better life“, Ich wollte durch bessere Software und ruhigere Projekte mehr Effektivität für den Kunden erzielen.
start.land.flow: Wie baut man sich als Gründer überhaupt einen Kundenstamm auf?
Schönberger: Da läuft viel über das Netzwerk. Ich bin auch schon über vierzig, da kennt man viele. Und meine Kontakte wissen auch, dass sie mir vertrauen können.
Die Vertrauensbasis ist absolut notwendig, um an Entwicklungsaufträge zu kommen. Anfangs ging das viel über mein persönliches Netzwerk, mittlerweile auch über die Beziehungen von Kollegen.
- Dr. Andreas Schönberger
start.land.flow: Ihr bietet eine ganze Bandbreite an Services an: Architektur-Reviews, Plattform- und App-Entwicklung, Cloud Services. Bei welchen Diensten ist die Nachfrage besonders hoch?
Schönberger: Unsere Hauptarbeit besteht vor allem aus der Plattformentwicklung und Auftragsentwicklung.
start.land.flow: Haben eure Kunden eine Vorstellung davon, welche Dienste sie benötigen, um ihre Probleme zu lösen?
Schönberger: Nein, oft nicht. Es ist meist so, dass Kunden die Projekte A, B, C haben, die sich ziemlich ähneln. Aber eigentlich unterscheiden sie sich doch irgendwo. Dabei entsteht der Lieblingsdenkfehler: eine Software für alles zusammen. Oder dann die nächste Reaktion: Wir machen eine Plattform für alles. Das ist aber nicht immer sinnvoll, da müssen wir beraten.
start.land.flow: Mitte letzten Jahres habt ihr eine eigene App namens Bonista in die Stores gebracht. Damit kann man Papierbelege für Sachzuwendung, Essenszuschuss und Auslagen zur weiteren Verarbeitung digitalisieren. Wie kam es dazu?
Schönberger: Ich wollte für meine Mitarbeiter eine Möglichkeit haben, um Sachzuwendungen und Essenszuschüsse zu verwalten, weil wir oft bei Kunden vor Ort arbeiten – dort in der Kantine zahlt man dann oftmals das Doppelte. Und wenn man nicht mit jeder Kantine extra einen Preis verabreden will, macht es Sinn, ein Verfahren zu haben, mit dem der Mitarbeiter zum Essen irgendwohin gehen kann – sei es zu einer Dönerbude, zum Italiener oder in die Kantine. Dort bekommt er einen Beleg, der nur noch fotografiert werden muss. Das wird an die Lohnbuchhaltung überstellt und dann bekommt der Mitarbeiter über den Lohn einen Essenszuschuss.
start.land.flow: Das Problem liegt doch auf der Hand, jeder hat damit quasi täglich Berührungen, gab es dafür noch keine Lösungen?
Doch, die gab es schon auf dem Markt, aber ich habe nach einer Möglichkeit gesucht, Sachbezüge, Essenszuschüsse und freie Auslagen zu tätigen. Jeder Mitarbeiter kann bei Lion5 über Kleinausgaben bis 150 Euro selbst entscheiden – wenn jemand ein neues Headset braucht oder eine Tastatur zum Beispiel. Die Rechnung kann er dann über Bonista selbst einreichen und bekommt das über die Lohnbuchhaltung zurück. Und diese Kombination von Workflows gab es am Markt eben noch nicht. Und weil das ohnehin in unserem Fokusbereich liegt, haben wir das dann einfach selbst gemacht.
Wir entwickeln die App auch immer noch kontinuierlich weiter, verfolgen den Lean-Startup-Gedanken: Wir versuchen in möglichst kurzen Zyklen Features zu entwickeln. Und dann immer gleich mit den Kunden zu testen, ob das deren Bedarf trifft. Für Bonista arbeiten wir mit einer Handvoll Steuerberater, mit denen wir uns regelmäßig zusammensetzen.
start.land.flow: Was war so eine Weiterentwicklung beispielsweise?
Schönberger: Kürzlich kam ein neues Feature dazu: Reisekostenabrechnung. Die Aufgabenstellung ist da gar nicht groß anders. Man muss nur noch die Reisedaten drüberlegen und dann kann man einen Reisekostenbericht für die Lohnbuchhaltung erstellen, muss aber keine Belege auf irgendeine Art und Weise einreichen, sondern das geht alles per App und nicht mehr mit einem PDF-Fragebogen.
start.land.flow: Was waren Schwierigkeiten, die du mit Lion5 auf dem Gründungsweg überwinden musstest?
Schönberger: Ein Punkt ist es, den Lean-Startup-Gedanken in die Tat umzusetzen. Da stellt man fest, dass das, was Leute sagen und das was sie tun, gegebenenfalls zwei Dinge sind. Man hört da oft „wenn du das Feature noch machst, dann nehmen wir das auch“. Aber wenn da keine Tinte drunter steht, ist das oft nicht viel wert. Eine meiner Kernüberzeugungen ist es, dass man in relativ kurzen Abständen rausfinden muss, wie die Kunden sich verhalten. Aber um rauszufinden, ob jemand wirklich kaufen will, braucht man eigentlich auch schon ein Stück Produkt – da aber die Grenze zu finden, das ist nicht so trivial.
Der andere Punkt: Wachstum will auch organisiert sein. Wir sind relativ schnell gewachsen, wir haben zum Beispiel auch keine Sekretärin. Das funktioniert deswegen, weil wir alles, was nicht wertschöpfend ist, auslagern – also Buchhaltung und dergleichen, das macht alles der Steuerberater. Für die Zeiterfassung haben wir uns eine App besorgt. Aber irgendwann wird die Anzahl der Projekte so viel, dass es ein Kopf nicht mehr aussteuern kann. Man muss den richtigen Punkt finden, ein Stück weit loszulassen und nicht mehr im Detail zu führen, sondern auf der Zielebene. Dabei muss man dann aber auch vertrauenswürdige Personen finden, die Verantwortung auch übernehmen wollen. Da muss man auch als Unternehmer loslassen können, um größer zu werden.
start.land.flow: Was macht Bamberg und die Metropolregion Nürnberg für Lion5 als Standort aus?
Schönberger: Die Region ist relativ stark. Hauptsächlich sind wir im Bereich Nürnberg-Erlangen unterwegs, Bamberg nicht ganz so, aber da sind jetzt auch ein paar Projekte in der Pipeline. Die Region ist wirtschaftsstark. Ich komme ursprünglich aus dem Bayerischen Wald, da hat man gar nicht so viele Unternehmen, die sich solche Dienstleistungen leisten können – oder überhaupt den Bedarf dazu haben.
start.land.flow: Findet man hier in der Region leicht Mitarbeiter, die diesen Anforderungen entsprechen?
Schönberger: Also womit ich mich relativ leichttue, ist der Junior-Bereich. Das liegt daran, dass ich auch noch an der Uni Bamberg als Gastdozent tätig bin. Und dadurch, dass man dann wöchentlich Kontakt zu den Studenten hat, merkt man schon, wer Potential hat. Und auf die Art komme ich jetzt an Entwickler relativ leicht rein.
Anders sieht es bei Leuten aus, die Führungspositionen übernehmen können. Die sind typischerweise schon bei einem Arbeitgeber mit einer guten Stelle. Und da jemanden dann zu überzeugen, der sich auch schon ein bisschen in seiner Komfortzone eingelebt hat, das ist nicht ganz so einfach.
- Dr. Andreas Schönberger
Ansonsten versuche ich mein Unternehmen so zu führen, dass jeder gerne kommt und sich nicht als Ressource fühlt, sondern als wertschöpfender Teil des Unternehmens. Robert Bosch hat mal gesagt „nicht, weil ich viel Geld habe, bezahle ich gute Löhne, sondern weil ich gute Löhne zahle, habe ich viel Geld“. Das ist das Wesentliche, auch der Grundsatz bei Lion5. Ich schütte 20 Prozent vom Gewinn eines Jahres an die Mitarbeiter aus. Damit auch eine Beziehung da ist zwischen Leistung und monetärem Erfolg. Wer in der heutigen Zeit reingeht, nach dem Motto „alles ist meins“, der ist da glaube ich auf dem Holzweg.
start.land.flow:Gab es Fördermöglichkeiten? Oder von welchen Strukturen habt ihr profitiert?
Schönberger: Nein, wir hatten keine Förderung. Förderprogramme sind häufig nicht hilfreich, wir machen Projektgeschäft, da muss man relativ viel vorfinanzieren. Da fallen die meisten Förderprogramme schon raus, weil sie kein Consulting vorfinanzieren. Dann gibt es noch Pauschalförderprogramme, aber das ist mir dann nach vielen Schritten zu blöd geworden. Letztendlich habe ich mein Netzwerk kontaktiert und zwei Stunden später meinte einer, „ja, du kannst mein Geld haben“. Der bekommt jetzt einen vernünftigen Zinssatz, der deutlich über dem liegt, was die Banken momentan zahlen – und damit war der Käse durch.
Aber wir haben den Glauben noch nicht aufgegeben, dass wir irgendwann ein Förderprogramm finden, mit dem wir etwas machen können. Vernünftig klingen zum Beispiel die Digitalgutscheine, aber die haben wir bis dato nicht in die Praxis umgesetzt.