26.10.2021Ratgeber

Wie kommuniziert man überzeugend? Tipps von der Rhetoriktrainerin Pia Bussinger

Foto: Pia Bussinger

Passende Rhetorik zu lernen, zu üben und zu verbessern ist wichtig, um im beruflichen Kontext weiterzukommen: „In der Kommunikation zeigt sich zum einen die Persönlichkeit und hat damit Auswirkungen, wie sympathisch man auf andere Menschen wirkt. Zum anderen ist ja nicht gesagt, dass, wenn ich beispielsweise etwas verkaufen möchte, alle meine Produkte gut beim Kunden ankommen oder mein Vorgesetzter einer Projektidee zustimmt. Dafür brauchen wir Rhetorik: Was würde mein Gegenüber überzeugen, mein Produkt zu kaufen oder mein Projekt zu bewilligen?“, sagt Pia Bussinger.

Pia gibt Rhetorik- und Schlagfertigkeitstrainings und Seminare zu Gesprächsführung. Sie kennt sich also damit aus, wie man mit Sprache umgeht. Pia hat Journalismus und Public Relations im Bachelor und Allgemeine Rhetorik im Master studiert und eine Ausbildung zur Rhetoriktrainerin am Michael-Ehlers-Institut Bamberg gemacht. Außerdem hat sie Weiterbildungen, unter anderem in Stimm- und Sprechtechnik, Interviewtraining und Moderation absolviert. Wir haben mit Pia darüber gesprochen, was die Gefahren unpassender Kommunikation sind, warum Pia vom dem Satz „Über der Technik steht immer die Persönlichkeit“ überzeugt ist und welche Tipps Pia für junge Gründer*innen hat.

Egal ob extrovertiert oder introvertiert - Rhetorik kann jede*r lernen

start.land.flow: Bevor wir tiefer ins Thema eintauchen: Was ist der Unterscheid zwischen Kommunikation und Rhetorik?

Pia Bussinger: Darauf wird wohl jeder Rhetoriktrainer und jede Rhetoriktrainerin eine andere Antwort geben. (lacht) Meine Definition lautet: Rhetorik ist die Kunst zu überzeugen und wird intentional verwendet, wird also darauf ausgerichtet, ein Ziel zu erreichen. Kommunikation besteht in der Bereitschaft, die Perspektive zu wechseln und sich im Zweifel auch überzeugen zu lassen. Die Intention ist bei Kommunikation in einen Dialog zu treten.

start.landflow: Was fasziniert dich an Sprache?

Pia: Sprache ist der Versuch, dass ich das ich das, was ich denke und fühle, für mein Gegenüber greifbar mache. Das finde ich spannend. Durch die Art und Weise, wie wir sprechen, lässt sich erkennen, was für ein Selbst- und Weltbild wir haben. Jemand, der beispielsweise viele Kraftausdrücke verwendet und immer vom Schlimmsten ausgeht, hat wohl eher eine negative Grundhaltung.

start.land.flow: Kann jede*r lernen zielgerichtet zu kommunizieren?

Pia: Ich würde sagen, dass jeder, der kommunizieren lernen möchte, das auch kann - ganz egal ob introvertiert oder extrovertiert. Zielgerichtet zu kommunizieren, setzt allerdings voraus, dass ich mir darüber im Klaren bin, was das Überzeugende ist, was ich mitteilen möchte. Im besten Fall kann ich das dann mit guten Beispielen untermauern. Das Wichtigste ist aber: Dass ich meine Argumente nicht an mir, sondern an meinem Gegenüber ausrichte.

Schwierigkeiten zielgerichtet zu kommunizieren haben viele:  So haben Führungskräfte erfahrungsgemäß oft das Problem, dass sie nicht eindeutig kommunizieren, Experten scheitern eher daran, auf den Punkt zu kommen. Das alles kann man aber lernen.

Pia Bussinger

Unklare Kommunikation führt zu Missverständnissen und Konflikten

start.land.flow: Was sind die Gefahren  falscher Kommunikation?

Pia: Zuerst: Den Begriff „falsch“ würde ich durch „nicht zielführend“ und „situativ unpassend“ ersetzen – wie man angebracht kommuniziert, hängt von der Situation ab: Was in einer Situation gut passt, ist einer anderen nicht zielführend.

Verwendet man diese Begriffe, lässt sich die Frage leichter beantworten: Wenn ich unklar und nicht zielführend kommuniziere, entstehen Missverständnisse oder es gibt Konflikte im Team. Und das „nur“ weil eine Sache undeutlich kommuniziert wurde: Im Grunde gibt es vielleicht sogar einen Konsens zwischen zwei Parteien, der durch die Kommunikation aber nicht zum Vorschein kommt. Dazu ein Beispiel aus dem Alltag: Ein Paar kommt von der Arbeit nachhause und möchte sich entspannen. Die eine Person spielt deswegen Klavier, die andere liest ein Buch. Die Person, die ein Buch liest, kann sich aber nicht auf das Lesen konzentrieren, weil sie durch die Musik abgelenkt wird. Durch Kommunizieren kann erreicht werden, dass sich beide Personen darüber bewusstwerden, dass sie sich entspannen wollen. So können sie versuchen, einen gemeinsamen Weg zu finden, um sich zu erholen - beispielsweise durch einen Spaziergang.

start.land.flow: Und wie sieht es im beruflichen Kontext aus?

Pia: Im beruflichen Kontext ist es ähnlich. Ein Mitarbeiter fordert beispielsweise eine Gehaltserhöhung, dabei geht es ihm aber gar nicht darum mehr Geld zu verdienen. Sondern um Anerkennung oder Gerechtigkeit, beispielsweise als Ausgleich für eine Leistungssteigerung - und die könnte auch in anderer Form als Geld kommen. Wenn man sich selber nicht darüber im Klaren ist, was man möchte und wie man es ausdrücken kann, entstehen Probleme und es wird schwierig, einen Konsens zu finden.

start.land.flow: Was meinst du mit dem Satz „über der Technik steht immer die Persönlichkeit“, der auf der Startseite deiner Webseite zu lesen ist?

Pia: Ich finde, es gibt nicht einen passenden Redestil für alle. Dogmen, wie dass man beim Reden immer die Hände auf Bauchnabelhöhe ineinanderlegen und dann gestikulieren soll, produzieren unnatürliches Verhalten: Wenn es sich für jemanden beim Vortrag halten besser anfühlt, die Hände zur Seite hängen zu lassen, sollte man sich nicht dazu zwingen, es anders zu machen. Sondern auf sein eigenes Gefühl hören und sich natürlich verhalten, auch wenn sich eine Situation unnatürlich und ungewohnt anfühlt. Also sich so verhalten, wie man es auch unter guten Freunden tun würde. Trotzdem ist es auch wichtig zu erkennen, welches Verhalten in einer Situation angebracht ist. Die große Kunst ist, seine Ausdrucksorientierung und sein Wirkungsbewusstsein zusammenzubringen – und das ist vor allem Übungssache. Die Stimme bestimmt, wie Gesagtes verstanden wird

start.land.flow: Warum ist eine natürliche Stimmlage beim Reden wichtig?

Pia: Die Stimme bestimmt, wie das Gesagte verstanden wird. Den Satz „Meine Gehaltsvorstellungen liegen bei 100.000 Euro“ kann man in einem bestimmten oder einem unsicherem Tonfall sagen – dadurch verändert sich, wie mein Gegenüber den Satz wahrnimmt. Wenn man sehr unsicher ist, dann geht man am Ende des Satzes mit der Stimme nach oben. Geht man mit der Stimme nach unten, macht man nach dem Reden einen Punkt und wirkt automatisch selbstsicherer. Ich würde sagen, dass die Stimme manchmal sogar mehr als der Körper verrät. Menschen reagieren stark auf Stimmen. Es gibt den sogenannten psychorespiratorischen Effekt. Das bedeutet, dass die Art und Weise wie ein Mensch atmet und wie die Intonation beim Sprechen ist, viel in anderen auslöst. Eine Stimme kann beruhigend oder aber sehr unangenehm wirken. Man kann sich merken: Eine tiefe und gelassene Atmung führt zu einer angenehmen Stimmlage, weil dann die Stimmbänder entspannt sind.

start.land.flow: Danke für deine ganzen Tipps! Hast du zum Abschluss vielleicht noch einen Tipp für junge Gründer*innen? Wie kann man es schaffen, mit seinem Business ernstgenommen zu werden?

Pia: Ich würde empfehlen, das, was einen ausmacht in den Mittelpunkt zu stellen. Als junger Mensch liegt man beispielsweise oft im Trend der Zeit, weil man mit Social Media groß geworden ist und sich damit auskennt. Wenn man seinen Mehrwert definiert und nach außen trägt, sind Esprit und Wille spürbar. Für kritische Nachfragen empfiehlt es sich, seine Schlagfertigkeit zu trainieren.

start.land.flow: Vielen Dank für das Interview!

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