11.05.2021Startups

Why so perfect, honey? Mit Ecken und Kanten - Social Entrepreneurship in Oberfranken #6

Foto: Nici Schwab

Eine kleine Delle in der Verpackung, eine schiefe Naht am T-Shirt oder eine Schokolade, die 10 Gramm weniger wiegt, als sie es laut Verpackung sollte – das alles sind für Hersteller Kriterien, ihre Waren als Ausschuss zu deklarieren. Doch ist diese B- Ware wirklich so beschädigt, dass sie gleich auf den Müll wandern muss? Wegen ein paar kleiner Macken, die man vielleicht nicht einmal sieht und die Verbraucher*innen eigentlich nicht stören?

Für Firmen macht es Sinn, die fehlerhaften Produkte auszusortieren, denn sie schaden dem eigenen Markenimage, entsprechen nicht den Qualitätsanforderungen und können folglich auch nicht zum Normalpreis an die Kund*innen verkauft werden. Diese Problematik betrifft aber nicht nur die großen Marken, sondern gerade auch Startups und junge Unternehmen, die noch dabei sind, sich am Markt zu etablieren. So verbleiben Vorserien-Produkte, Prototypen, Ware aus Sortimentswechseln und nicht perfekte Produkte in den Lagern oder landen auf dem Müll. Und das, obwohl die Ware doch noch tadellos zu gebrauchen wäre.

Mit Ecken und Kanten: Ausschussware vor dem Müll retten

Aber gibt es denn nicht auch eine Alternative? Wollen wir nicht eigentlich raus aus der Wegwerfgesellschaft? Ein Startup aus Nürnberg bietet den aussortierten Produkten nun eine Verkaufsplattform: „Mit Ecken und Kanten“ heißt das Unternehmen, das Jessica Könnecke 2017 gegründet hat. Der Name spricht für sich, Jessica möchte Ausschussware retten und in ihrem Versandhandel zum Verkauf anbieten.

Während ihres Masterstudiums im Internationalen Marketing in Schweden lernte Jessica nachhaltige und alternative Geschäftsmodelle kennen. So wurde ihr schnell klar, dass sie später nicht in einem Mainstreamkonzern arbeiten wollte: „Sinnvoll und nachhaltig soll mein Job auf jeden Fall sein“, das stand für die Gründerin schnell fest.

Bei Gesprächen mit nachhaltigen Startups in Berlin fiel Jessica auf, dass viele Produkte nicht zum Verkauf angeboten wurden, einfach weil sie nur Muster waren oder kleine Schönheitsfehler hatten. Im Atelier einer Designerin hing sogar eine ganze Kleiderstange voller Prototypen, die als unverkäuflich eingeschätzt wurden. Aber wieso sollten diese Produkte unverkäuflich sein? Es brauchte eigentlich nur die richtige Plattform dafür - und damit war die Geschäftsidee von „Mit Ecken und Kanten“ geboren.

„Why so perfect, honey?“

- Wahlspruch von Mit Ecken und Kanten

Jessica begann sich mit Firmen in Verbindung zu setzen und siehe da: Es gab viele Firmen, die auf aussortierter Ware saßen und sie nicht verkaufen konnten; und die anscheinend nur darauf gewartet haben, dass jemand wie Jessica die Idee zu einer Plattform für unperfekte Ware auf die Beine stellt.

Der Onlineshop „Mit Ecken und Kanten“ bietet seither faire und nachhaltig produzierte Produkte an, die aufgrund von Schönheitsfehlern, einer alten Verpackung oder eines Sortimentswechsels regulär nicht mehr verkauft werden. Alle Produkte werden im Shop im Schnitt 40-50% günstiger als normal angeboten. So gewinnen beide Seiten: Die Unternehmer*innen, weil sie ihre Produkte nicht wegwerfen müssen und die Verbraucher*innen, weil sie nachhaltige Ware zu einem günstigeren Preis bekommen.

Das Konzept kommt mittlerweile so gut an, dass bei „Mit Ecken und Kanten“ bereits zehn Personen beschäftigt sind. Konnten zu Anfangszeiten noch ab und an Lagerverkäufe stattfinden, läuft das Geschäft nach dem Umzug in einen größeren Bürokomplex heute ausschließlich über den Onlineshop.

Auf einem eigenen Blog informieren Jessica und ihr Team regelmäßig über Produktneuheiten, Spendenaktionen und natürlich Fakten rund um das Thema Nachhaltigkeit. Informativ, überraschend und manchmal sogar etwas provokativ – hier lohnt sich das Reinlesen! Weitere Infos rund um das Konzept von „Mit Ecken und Kanten gibt es hier.

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