Team Reh oder Wildschwein? – Der Wald als Unternehmensmodell
Darius Götsch hat im Sozialbereich alle Stufen eines Unternehmens durchlaufen – bis zum Manager. Doch seine Berufung findet der studierte Forstwissenschaftler nun darin, das Wissen des Waldes an die Führungskräfte von morgen weiterzugeben.
Herr Götsch, Sie waren selbst schon Führungskraft eines Unternehmens. In welchem Bereich haben Sie gearbeitet und wie es dazu gekommen, dass Sie nun Natur-Schulungen anbieten?
Ich habe Forstwissenschaften studiert, war dann aber in den verschiedensten Bereichen der Sozialbranche geschäftsführend tätig. Jetzt bin ich wieder im Wald und sehr glücklich darüber, dass ich etwas machen kann, was mich wirklich mit großer Freude erfüllt und ich den Menschen etwas beibringe, das sie stärkt.
Welche Arten von Führungen bieten Sie an und wie laufen diese ab?
Die Führungen richten sich vorrangig an firmeninterne Teams, wir haben aber auch Sparten für Einzelpersonen oder es kommen Firmen mit ihren besten Kunden. Wir zeigen dann, welche Bereiche des Waldes sich auf das Leben als Unternehmer:in oder Führungskraft übertragen lassen. Das begeistert die Menschen.
Was sind die sogenannten Strategien des Waldes die Sie auf Ihrer Website nennen?
Wir gehen in den Wald und zeigen den Menschen, was es da zu sehen gibt. Und da ist eine ganze Menge, die uns normalerweise nicht auffällt. Mein Lieblingsbeispiel ist der Waldkauz, der sich in einer alten Linde versteckt. Man sieht ihn auf den ersten Blick nicht und wir vermitteln, es gibt so vieles, was du nicht siehst – lass doch Ratgeber in dein Leben und lass dir helfen! Oder wir zeigen, wie Bäume mit Schmerzen umgehen: Auf Hindernisse reagieren sie mit Wachstum, nehmen diese in sich auf und integrieren sie. Probleme werden immer ein Teil von uns sein, wir aber wir können lernen richtig damit umzugehen.
Sie nennen unterschiedliche Typen von Führungskräften. Was macht diese aus?
Wir finden im Wald nicht nur unterschiedliche Typen, sondern auch Strukturen. Es gibt zum Beispiel Rehe, die in sogenannten Sprüngen leben und keinen engen Familienverband haben. Anders ist es bei den Wildschweinen, die wirklich eine familiäre Beziehung zueinander haben, eine Rotte bilden und von einer weiblichen Führungskraft, der sogenannten Bache, angeleitet werden. Und diese Struktur ist extrem erfolgreich. Das merkt man daran, dass man die Wildschweine im Wald gar nicht so bemerkt, weil die Bache imstande ist, die Rotte so zu führen, dass sie aus Gefahrenzonen herauskommen. Das zeigt, es ist wirklich vorteilhaft, wenn es vorne jemanden gibt, der weiß, wohin es mit welchen Mitteln und Wegen geht. Führungsstile selbst gibt es so viele wie Menschen. Aber wichtig ist: Man wird in der Natur nicht durch Zufall zu einer guten Führungskraft, sondern das ist in der Regel der oder die Beste. Man muss Strukturen schaffen, die das auch bei den Menschen möglich machen und nicht etwa beeinflusst sind durch zwischenmenschliche, kulturelle oder sogar finanzielle Aspekte.
Haben sich die Anforderungen von Mitarbeiter:innen und Kundschaft an Führungskräfte verändert? Und wenn ja, was muss ein modernes Unternehmen tun, um diesen gerecht zu werden?
Die Welt ist völlig anders geworden. Ich habe Zeiten erlebt, in der die Führung von oben nach unten als normal angesehen wurde. Die junge Generation sagt: „Ok, ich möchte sehen, dass du in der Lage bist mich zu führen und ich möchte sehen, dass du mich weiterentwickelst. Zeig mir, was aus mir werden kann.“ Leider sind die meisten Führungskräfte gar nicht so trainiert oder geübt, dass sie als Vorbild dienen können. Meine Erfahrung ist: Wir haben wirklich extrem viel zu tun beim Führungspersonal. Auf der anderen Seite haben wir die hohe Erwartung der Mitarbeiter:innen, gut geführt zu werden. Da prallen teilweise Welten aufeinander. Die Unternehmen, die zu uns kommen, haben das schon verstanden. Sie investieren in ihre Mitarbeiter:innen und wissen, wie wichtig guter Führungsstil ist.
Wo sehen Sie noch Potential bezüglich der Gestaltung von Unternehmenskultur?
Aus meiner Sicht ist die gute Führung eines Unternehmens die Voraussetzung, dass es diesem und den Mitarbeiter:innen gut geht. Da gibt es inzwischen auch unterschiedliche Modelle. Manche sagen, wer braucht schon Führung? Wir arbeiten alle gemeinsam und sind gleichwertig, das kann man grundsätzlich auch im Wald beobachten. Ich persönlich glaube aber eher an die gute Führung als Instrument, die die Menschen befähigt ihr Potenzial zu nutzen.
Sie sind auch Autor: Was dürfen Leser:innen in ihren Büchern erwarten ?
Mein letztes Buch richtet sich besonders an Menschen christlichen Glaubens, aber grundsätzlich geht es um Aha-Momente im Wald, die ich auf mein Leben übertragen kann. Was hat mir ein Eichhörnchen zu sagen? Oder was erkenne ich an den Jahreszeiten? Warum muss ich überhaupt wachsen?
Zum Schluss: Was für einen Rat können Sie jungen Gründer:innen oder Führungskräften mitgeben?
Wir müssen immer Sachen in unseren Firmen und im Leben sterben lassen, damit Neues wachsen kann. Das Beste kann nicht kommen, wenn wir nicht auch gute Sachen enden lassen. Das Gute ist der größte Feind des Besten.
Vielen Dank für das Gespräch!