Selfies mit miauenden Kellner*innen – wie Serviceroboter das Restaurant des Best Western Plus Kurhotels in Bad Staffelstein revolutionieren
Das Essen ist fertig: Aus der Küche kommt ein Engel, nicht schwebend, eher rollend. Elegant fährt er das Restaurant des Best Western Plus Kurhotels in Bad Staffelstein entlang, bis er an einer der dafür vorgesehenen Stationen Halt macht. Sein Gesicht ist katzenartig, sein Körper besteht aus einem Rahmen, in den auf verschiedenen Höhenstufen Tabletts eingebaut sind. Hier können Speisen und Getränke abgestellt werden, die der Engel zu den Gästen fährt. Der Rahmen ist am oberen Ende so gebogen, dass der Engel zwei Katzenohren hat, auf dem Bildschirm sind die typischen Schnurrbarthaare der Haustiere zu sehen. Wenn man über seine Öhrchen streichelt, sagt er Sachen wie: „Mensch, Ihre Hände sind richtig warm.“ Der Engel ist ein Serviceroboter, der zusammen mit einem Abräumroboter den Kellner*innen im Restaurant Einiges an Arbeit abnimmt.
Deswegen hat das Restaurant den Robotern auch den Namen gegeben: Es sind drei (katzenartige) Engel. Der assoziative Sprung zu „Drei Engel für Charlie“ ist dann auch nicht mehr weit und erklärt, warum der Abräumroboter Charlie heißt.
Die Roboter sind eine innovative Lösung gegen Personalmangel
Roboter im Best Western Plus Kurhotel im kleinen Bad Staffelstein? Wer über das innovative Konzept stolpert, denkt erst einmal, er oder sie sei 50 Jahre in der Zukunft gelandet. Bad Staffelstein hat gerade einmal 10.000 Einwohner*innen und doch ist der Geschäftsführer des Hotels Andreas Poth bei den neuesten Trends in der Gastro ganz vorne mit dabei. Aber wozu das Ganze?
PUDU Robotics gestoßen, die laut Webseite in zahlreichen Restaurants weltweit Serviceroboter einsetzen.
Bei einem Gespräch im Restaurant erzählt Poth, dass die Idee aus einem Personalengpass entstanden sei. Er hätte nach Mitarbeiter*innen gesucht, auf seine Anzeigen aber keine Resonanz bekommen. „Dann habe ich irgendwann ‚digitale Unterstützung im Restaurant' gegoogelt“, berichtet der Hotelchef. Und sei auf das UnternehmenFür Poth ein interessantes Konzept. Bevor er sich für Serviceroboter entscheiden wollte, schaute er sie sich aber erst in Real-Life an. In einem Restaurant, welches nicht allzu weit von Bad Staffelstein entfernt ist, reservierte sich Poth nach Absprache mit dem Chef einen Tisch und ließ sich von den Servicerobotern bedienen, um sie aus der Perspektive eines Gastes beurteilen zu können. Mit dem Service habe er sich wohlgefühlt, so Poth. Zudem seien die Roboter ein Hingucker, um mit ihnen zusammen für Selfies zu posieren und hätten lustige Funktionen, von denen auch die anderen Gäste im Restaurant angesprochen wurden. Und auch das Feedback vom Servicepersonal und dem Chef des Restaurants fiel positiv aus.
Ein Abend, der Poth überzeugte. Er begann daraufhin mit der Münchner Firma Dig Panda, die die Roboter von PUDU Robotics vertreiben, zusammenzuarbeiten. 20.000 Euro kostet ein Service-Roboter. Das ist eine Menge Geld, vor allem weil Poth gleich vier haben wollte: Die drei Engel, die Essen zu bestimmten Stationen bringen, von denen die Mitarbeiter*innen wiederum die Speisen zum Gast an den Tisch tragen. Und der Abräumroboter Charlie, der dabei hilft, benutztes Geschirr zurück in die Küche zu befördern.
Trotz der hohen Preise ist Poth schnell für die Idee gewonnen. Seit dem 1.11.2021 werden die Roboter in seinem Restaurant eingesetzt.
Durch den Einsatz der Serviceroboter bleibt dem Service mehr Zeit für die Gäste
An dieser Stelle lohnt es sich noch einmal darauf einzugehen, warum der Einsatz von Servicerobotern überhaupt notwendig ist. Wie oben bereits erwähnt, fehlt es Poth an Personal – und damit ist er nicht allein, wie Zeitungsartikel zum Thema Personalmangel in der Gastro bestätigen. Das hat zur Konsequenz, dass der verbleibende Service überlastet ist. Die Folgen: lange Wartezeiten für die Gäste und Behinderungen im Betriebsablauf. In Bad Staffelstein werden die Restaurantbesucher*innen außerdem nach dem Eintreffen zu ihrem Tisch begleitet – neu ist jetzt die Option, dass das ein Serviceroboter anstatt eines Menschen übernimmt. Denn auch das spart wertvolle Minuten, die die Kellner*innen anderweitig für die Gäste verwenden können.
Die Mitarbeiter*innen können so näher „am Gast bleiben“, wie man im Fachjargon der Restaurantwelt sagt. Sie nehmen die Wünsche der Besucher*innen auf und schicken sie mit ihrem mobilen Bestellsystem an die Küche. Die Küche stellt Speisen und Getränke auf eine der Ablagen der Engel. Auf deren Bildschirmen kann man jede Ablage mit einer Tischnummer versehen. So weiß der Service gleich, wohin das Essen kommt, das die Engel bringen. Die Küche schickt Charlie an die dem Tisch nächstgelegene Station im Restaurant. Von dort holen die Mitarbeiter*innen die Speisen und Getränke ab und bringen sie an den Tisch. Möchte jemand etwas bestellen, hat Nachfragen oder sonstige Wünsche, sind die Mitarbeiter*innen durch die Zeiteinsparung sofort verfügbar.
3-D-Scan, Sensoren, Kameras – die Roboter bringen modernste Technik in den Gastraum
Charlie und seine Engel haben eingebaute Kameras. Dadurch können sie im Weg liegenden Gegenständen und anderen Robotern ausweichen. Zusätzlich sind Sensoren in der Decke eingebaut, die den Robotern Orientierung bieten. Vor Inbetriebnahme im Restaurant haben die Roboter außerdem eine virtuelle Karte des Gastraumes durch einen 3-D-Scan eingespeichert. Ob die Kellner*innen das Essen von einer der Ablageflächen genommen haben und sie weiterfahren können, erkennen die Engel mithilfe von Infrarot-Technik. Je nach Auftrag kann man unterschiedliche Geschwindigkeiten bei den Servicerobotern einstellen.
Wie hat das eigene Personal auf die Engel und Charlie reagiert? Poth erzählt, dass die meisten seiner Mitarbeiter*innen, vor allem die Jüngeren, dem Ganzen offen gegenüber waren – weil auch sie gemerkt hätten, dass sie Unterstützung benötigen. Und die Gäste? Auch die sind überzeugt. Poth hat im Best Western ähnliche Erfahrungen gemacht, wie er sie bei seinem ersten Abendessen mit Serviceroboterunterstützung beobachten konnte. Die Leute machten Fotos und Videos: „Für junge Leute ist so ein Serviceroboter der hippste Gedanke.“ Wichtig sei Poth trotzdem, dass er kommuniziere, warum die Roboter zum Einsatz kommen, da es auch skeptische Blicke gebe.
Bleibt die Frage offen, was passiert, wenn der Trend zur Digitalisierung in der Gastronomie weitergeht. Natürlich bergen die Serviceroboter das Risiko, Menschen Arbeitsplätze wegzunehmen. Auf Dauer rechnet sich der Einsatz und Roboter werden nicht krank oder haben schlechte Laune. Aber sie sind eben auch nicht menschlich.
Poth betont, dass die Gastro weiterhin ein wichtiger Bereich für Arbeitsplätze sei. Aber vielleicht sind es nicht mehr ausreichend viele. Neue Techniken könnten hier unterstützend helfen, meint Poth. Tendenziell erkennt er nämlich eine Verlagerung von Arbeitsplätzen weg von der Gastro in andere Bereiche des Hotels, zum Beispiel ins Marketing.
Sein Serviceroboterprojekt ist nicht das einzige, das digitalisierte Lösungen im Best Western Plus Kurhotel verspricht: Anstelle von Minibars auf den Zimmer gibt es im Hotel einen vollautomatisierten Getränkeautomaten. Außerdem ist eine Bar in Planung, in der Cocktails aus Roboterhand gemixt werden. Vor allem junge Menschen sollen dadurch angesprochen werden.
Dass sich die Gäste schnell an die Serviceroboter gewöhnen, zeigt auch die herbe Enttäuschung auf den Gesichtern der Gäste, als Poth am zweiten Tag nach der Einführung händisch einen Eisbecher an den Tisch bringt. Lieber, so die Gäste zum Hotelleiter, hätten Sie den Serviceroboter noch einmal gesehen.
Wie die Serviceroboter von PUDU Robotics im Einsatz aussehen, könnt ihr euch hier anschauen: