10.06.2021Digitalisierung

LoRaWAN – Zukunftstechnik im Einsatz in Coburg

Foto: Andreas Kücker

Smart City. Ein Begriff, der im Zuge der Digitalisierung immer häufiger zum Gesprächsthema wird. Doch was kann er im Konkreten bedeuten? Schaut man sich die heiß-diskutierten Techniken im Bereich von Smart City an, so landet man schnell bei LoRaWAN. Was es damit auf sich hat und wie diese Zukunftstechnik bereits heute in Coburg zum Einsatz kommt, zeigen wir euch in diesem Beitrag.

                      Was ist LoRaWAN?
Icon: FeepikEin Long Range Wide Area Network (LoRaWAN) ist eine weltweit frei verfügbare Funktechnologie und ermöglicht die Übermittlung von Daten, die nur einen geringen Datendurchsatz erfordern, wie z.B. Temperatur- oder Feuchtigkeitsmesswerte. LoRaWAN existiert neben den allgemein verfügbaren Kommunikationsnetzen wie Mobilfunk, WLAN und Bluetooth.

Anwendungsfelder

Für LoRaWAN gibt es eine Vielzahl an Anwendungsmöglichkeiten. So kann ein Sensor beispielsweise die Raumluftqualität in Schulen oder Geschäften überwachen und eine Benachrichtigung über SMS oder eine LED-Leuchte erteilen, wenn beispielsweise der Sauerstoffgehalt zu gering ist und gelüftet werden muss. Ebenso kann die Raumtemperatur überwacht werden, was z.B. für ein Rechenzentrum von Vorteil sein kann, da sich die Server gerne mal stark erhitzen und im Extremfall in Brand geraten. Weitere Einsatzfelder sind u.a. die Alarmierung bei Wasserleckage oder Bewegung, Auslesen von Zähleständen, sowie Parkplatzüberwachung oder Messungen in Forst- und Landwirtschaft.

 

Fotos: Andreas Kücker

Das kann LoRaWAN

In etwa so groß wie eine Zigarettenschachtel, jedoch mit einer Leistung, die beeindruckt: Ein LoRaWAN-Sensor kann eine Reichweite von 2 km in Stadtgebieten und bis zu 15 km in ländlichen Gebieten abdecken. Seine Messdaten überträgt er dabei völlig autonom und ohne Wartung. Denken wir an unser Heim-WLAN, dessen Funksignal öfters schon ein paar Räume weiter nicht mehr richtig ankommt, ist dies ein enormer Vorteil. Mit Batterie oder Akku betrieben, besitzt ein Sensor dank seines geringen Energieaufwandes in der Regel eine Lebensdauer zwischen 5 und 10 Jahren. Dies liegt an dem geringen Datendurchsatz, den die sogenannten „Nodes“, also Sensoren wie Temperatur- oder Feuchtigkeitsmessgeräte, erfordern.

Einsatz in Coburg

Um einen konkreten Einblick in die Anwendung von LoRaWAN in der Region zu erhalten, haben wir Andreas Kücker interviewt. Er ist Manager Digital bei süc//dacor, einem regionalen Internet- und Telefonanbieter in Coburg.

start.land.flow: Mit dem lokalen Energieversorger SÜC habt ihr ein flächendeckendes LoRaNetz für Coburg aufgebaut. Was ist der Hintergrund dieses Projektes?

Andreas Kücker: Entstanden ist die Idee im September 2019, als der Geschäftsführer von süc//dacor auf einem Branchenevent ein best-practice Beispiel eines LoRaWAN-Pilotprojektes gesehen hat. Er erkannte schnell: „Eine solch spannende Technologie könnte man ja auch in Coburg im Zuge einer Digitalisierungsaufklärung präsentieren“. Eine erste Informationsveranstaltung stieß sofort auf positive Resonanzen aus verschiedenen Branchen. Darauf folgte ein Workshop, um die Technologie auch einmal selbst auszuprobieren. Unsere Herangehensweise ähnelt dabei eher einem Startup als der klassischen Risikoabschätzung der Industrie: Einfach mal machen und gucken was passiert.

Schon bald haben wir uns an das erste Gateway herangetraut, doch der erste Anlauf war ein Fehlstart. Nach 8 Stunden Arbeit hat es nicht funktioniert, doch Aufgeben half nicht. Mit weiterer Übung standen dann schließlich das erste Gateway und der erste Sensor. Der nächste Schritt war es, hohe Punkte für das Aufbauen des flächendeckenden Netzwerkes zu suchen. Dabei konnten auch schon Kommunen und Landwirte helfen. Mittlerweile sorgen 22 operative Gateways in der Region Coburg für eine gute Abdeckung. Insgesamt haben wir über 170 Sensoren verschiedenster Typen im Einsatz, um praxisnahe Erfahrungswerte zu sammeln.

Unsere Grundidee war das Anbieten der LoRaWAN-Infrastruktur in der Region Coburg. Doch inzwischen sind wir von einem Leistungsanbieter zum Lösungsanbieter geworden. Denn der Kunde kauft nur, wenn er einen Mehrwert durch die gesammelten Daten hat. Er kann sich zwar in das LoRaNetz einwählen, aber ihm fehlt das Know-how, die Sensoren einzurichten und die Daten zu visualisieren. Der LoRaWAN-Server in unserem Rechenzentrum bietet mit Hilfe einer IoT-Plattform die fehlende Infrastruktur für die Nutzer*innen.

Icon: Good WareWas ist IoT?
IoT steht für Internet of Things, also Internet der Dinge, und ist ein Sammelbegriff für Technologien, die es ermöglichen, physische und virtuelle Gegenstände miteinander zu vernetzen.

start.land.flow: LoRaNetze sind zellular aufgebaut. Muss nun jede Stadt/Kommune/Landkreis für sich selbst sorgen und ihr eigenes Netz aufbauen? Und wer zahlt eigentlich den Aufbau eines LoRaNetzes?

Kücker: In Coburg ist es süc//dacor, der den Netzaufbau zahlt. Andernorts sind oft die Betreiber Stadtwerke und lokale Telekommunikationsunternehmen, die für die Stadt als Dienstleister das Netz aufbauen. Wir stehen dabei auch in Kontakt zu anderen Kommunen, die v.a. im Bereich Smart City LoRaWAN nutzen wollen. Diese sind aber oft noch im Experimentierstatus.

Bei uns steht die Technik bereits, nur muss noch geschaut werden, wie sie für den jeweiligen Usecase einsetzbar ist. Also was z.B. der Heizöllieferant für Informationen von den Öltanks braucht, die wir ihm mit unseren Sensoren geben können.

Foto: Andreas KückerFoto: Andreas Kückerstart.land.flow: Und wo liegen die Grenzen von LoRaWAN?

Kücker: Die viel relevantere Frage für mich ist eher: Was habe ich für Daten und wie kommuniziere ich sie? Ich bin mir ziemlich sicher, dass es in Zukunft drei Säulen in einer Kommune geben wird: Glasfaser als leistungsstarke Ader, Mobilübertragungstechnologie wie z.B. 5G und die niederschwellige Übertragungstechnologie LoRaWAN, deren Ausbau einfacher und günstiger ist sowie vom Betrieb her einen deutlich geringen Energiebedarf hat, dafür aber auch geringe Übertragung. Wenn also nur wenig Daten übertragen werden sollen, kann auch LoRaWAN reichen. Der große Vorteil ist auch seine autonome Funktionsweise, d.h. der Sensor braucht keinen Stromanschluss oder Koordination mit vorhandener Infrastruktur. LoRaWAN hat also dort seine Grenzen, wo die anderen ihre Stärke haben.
 

start.land.flow: Ihr arbeitet auch mit dem Coburger Startup nuspace zusammen, was hat es damit auf sich?

Kücker: Genau, das ist eine Zusammenarbeit für den administrativen Bereich, also dem Verwalten von Sensoren. Nuspace hat für uns ein Tool entwickelt, das uns u.a. ermöglicht, dass ein Sensor zentral verwaltet werden kann und nicht über die verschiedenen Systeme wie Networserver und IoT-Plattform einzeln administriert werden muss. Es können aber auch Installationsinformationen von Sensoren wie Fotos und GPS-Koordinaten dokumentiert werden, um ihn später wiederzufinden. Das ist besonders relevant, wenn man einen Sensor z.B. seit 5 Jahren draußen im Wald installiert hat und nicht mehr weiß, wo genau.

start.land.flow: Wie soll es weitergehen mit dem Projekt LoRaWAN in Coburg?

Kücker: Wir haben gerade ein Projekt mit dem Grünflächenamt zum Monitoring von urbanen Baumquartieren gestartet und der sprechen mit der Umweltbehörde der Stadt. Dabei geht es um Themen wie Bodenfeuchtigkeit, Feinstaub- und CO2-Messung. Der Vorteil von LoRaWAN ist hier die Mobilität. Da der Sensor mit Batterie bzw. Akku betrieben wird, kann er also eine Woche an der Stelle und die andere Woche an einer anderen Stelle stehen. Auch ein Radarsensor ist angedacht, um beispielsweise zu zählen, wie viele Leute wann in die Innenstadt gehen oder wie viele Fahrzeuge an bestimmten Stellen unterwegs sind.

Über die Konzeptphase sind wir also schon deutlich hinaus. Mittlerweile können wir auf die Daten von über 200 verschiedenen installierten Sensoren in der Region zurückgreifen. Dabei sind wir auch im engen Austausch mit der Hochschule Coburg. Wir sind jetzt bestens gerüstet für die kommenden Kundenprojekte.

 

Mehr Infos gibt's hier: www.lorawan-coburg.de 

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