28.11.2022Startups

Lessons learned: Auch Scheitern muss erlaubt sein

Erfolgsgeschichten von Gründer*innen werden am liebsten erzählt. Sie bedienen das Narrativ, dass Jede*r es schaffen kann. Doch dass etwa 8 von 10 Startups scheitern, gehört leider auch dazu – nur hört man selten von ihnen. Das Unternehmen ToolQuest wollte sich als Plattform für den Austausch von Werkzeugen etablieren. Die Idee war gut durchdacht, das Feedback sehr positiv. Doch gegen Ende dieses Jahres wird das Unternehmen vom Markt gehen. Woran ist ToolQuest gescheitert? Benjamin Stark, einer der Gründer, teilt seine Geschichte über manchmal bittere Erkenntnisse.

Benjamin, du und deine Kollegen habt toolquest nebenberuflich gegründet. Was sind eure Haupttätigkeiten und wie ist die Idee zu ToolQuest entstanden?

Genau. Kay, Dani und ich waren am Anfang zu dritt. Kay ist Maschinenbauingenieur. Das heißt, er war zu dem Zeitpunkt Prozessingenieur. Er hat sich in dem Unternehmen, in dem er arbeitet, viel um Prozesse und Optimierungen gekümmert, um so die Produktion zu verbessern. Dann hatten wir Dani. Dani ist jetzt mittlerweile Steuerberater und hat deswegen viel mit Finance, Steuern und Buchhaltung generell gearbeitet. Ich bin Data Scientist und habe daher viel Erfahrung mit dem Programmieren, mit Daten und Analysen und habe mich deswegen hauptsächlich um die Plattform gekümmert. Das hat in dem Fall alles gut zusammengepasst.

Und was war die Motivation hinter dem Konzept von ToolQuest?

Das war lustig, denn Dani war irgendwann bei seinen Eltern und hat festgestellt, dass sein Papa so viele Werkzeuge im Keller rumliegen hat, die viel Platz wegnehmen und eigentlich anderen einen Mehrwert bieten könnten. Das habe ich dann auch in meinem Bekannten- und Freundeskreis festgestellt. Man kennt das ja, dass man Werkzeuge eigentlich eher selten benutzt. Beziehungsweise möchte man nicht extra Werkzeug anschaffen, wenn man vielleicht nur einmalig etwas reparieren muss. Und auf der anderen Seite wollten wir natürlich den Leuten, die dieses ganze Werkzeug haben, eine Möglichkeit geben, daraus Kapital zu machen und nicht nur im Keller verstauben zu lassen.

Wie seid ihr an die Gründung herangegangen?

Anfangs haben wir bei Freunden und Bekannten eine Umfrage gemacht und so weit wie möglich auch uns unbekannte Personen miteinbezogen, um diese Idee erst einmal zu verifizieren und haben dann mit der Plattformentwicklung angefangen.

Wie lief der Start und wann seid ihr auf Schwierigkeiten gestoßen seid?

Ja, also der Start war so, wie man es sich immer vorstellt. Man denkt sich „okay, wir haben jetzt hier eine coole Plattform entwickelt und das ist super und wir sind voll davon überzeugt“. Und dann ist erstmal nicht viel passiert. Durch verschiedene Marketingaktivitäten haben wir versucht, das zu verbessern. Das hat am Anfang echt gut geklappt, denn es kamen mehr und mehr Nutzer. Wir hatten noch ein Interview mit einer lokalen Zeitung, hatten im Radio Werbung geschaltet, Social Media-Marketing gemacht und Flyer verteilt. Ab einem gewissen Zeitpunkt hat das dann aber stagniert und man hat gemerkt, dass die Leute, die sich anmelden, vor allem auf der Mieterseite sind und nicht auf der Vermieterseite, was natürlich ein Problem ist. Die Idee war ja, dass man sich das Werkzeug um die Ecke besorgen kann. Es waren nicht genügend Leute in der Umgebung, die Werkzeuge eingestellt hatten. Wir haben versucht, das zu evaluieren und zu verstehen, warum die Vermieter skeptisch sind. Anscheinend haben die Leute einfach Sorge, dass mit ihrem Werkzeug nicht sorgsam umgegangen wird. Und ja, wir haben versucht verschiedene Dinge auszuprobieren, aber wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir letztendlich nochmal eine ordentliche Summe investieren müssten. Da die Zahlen Stand jetzt aber nicht gut genug waren und man ja auch keine sichere Prognose hat, haben wir uns entschieden, einen Strich darunter machen.

Was konntet ihr daraus mitnehmen und würdet ihr Rückblickend etwas anders machen?

Ja absolut, wir haben extrem viel dabei gelernt. In der Vorbereitung liest man in den Ratgebern immer viel von „start simple”. Also klein anfangen und dann iterativ die Lösungen anpassen. Das haben wir immer gelesen, aber nicht so richtig umgesetzt. Der wichtigste Punkt, den wir anders machen würden, ist die Herangehensweise an die Plattform. Die Entwicklung unserer Plattform hat ein halbes Jahr gedauert und wir haben zu viele Funktionen miteingebaut, wie eine Zahlungsfunktion oder Chatmöglichkeiten. Wir würden rückblickend mit so wenig Aufwand wie möglich das Angebot bereitstellen und davon möglichst viel manuell umsetzen. Man kann die Funktionalitäten deswegen trotzdem haben, nur spart man am Anfang viel Zeit, wenn noch nicht alle Prozesse gleich technisiert sind. Und dann kann man evaluieren, welche Funktionen wirklich nötig sind.

Könntest du dir oder deine Kollegen sich vorstellen, irgendwann nochmal einen Gründungsversuch zu starten?

Definitiv. Der Schmerz sitzt zwar noch tief und wir brauchen da noch ein bisschen Distanz, aber man hat viel gelernt. Da kann man mit einer neuen Idee ganz anders rangehen und schneller zu der Erkenntnis zu kommen, ob es sich lohnt, weiter Energie zu investieren.

Was ist dein zentraler Tipp an andere Gründungsinteressierte?

Meine wichtigste „lesson learned“ ist, wie schon gesagt, Start simple. Dann, dass ein gutes Produkt allein nicht ausreicht – da braucht man jemanden, der sich mit Marketing und den Kosten, die damit einhergehen, auskennt. Und, ein gutes Netzwerk und der Austausch mit anderen helfen extrem viel. Ansonsten: einfach machen, keine Angst haben.

Vielen Dank für das Gespräch!

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