12.04.2021Leben & Arbeiten

Ländliches Coworking – Ein Beispiel aus Oberfranken

Foto: Halgard Stolte

Ursprünglich bekannt unter dem Begriff „Shared Workspace“ hat sich das Konzept des Coworkings seit den 2000ern nicht nur in den USA, sondern auch in Europa ausgebreitet. Laut dem Coworking-Magazin „deskmag“ waren es Ende 2017 schon knapp 1,2 Millionen Menschen weltweit, die in einem Coworking Space arbeiteten. In Deutschland steigen die Zahlen seit ca. 2009, als in Berlin das erste auch offiziell „Coworking Space“ genannte „betahaus“ eröffnete.

Coworking ist eine Kultur der Zusammengehörigkeit – auch auf dem Land?

 

Ob die Nutzung der (technischen) Infrastruktur, die kooperative Lernumgebung in meist offenen Räumen oder das soziale Umfeld mit Kreativakteuren aus unterschiedlichen Disziplinen: Motive, um in einem Coworking Space zu arbeiten, gibt es viele. Besonders in puncto Preis und flexibler Anmietung kann er im Vergleich zur klassischen Bürofläche siegen. Doch muss es dafür immer die Großstadt sein, oder kann dieses Konzept auch in ländlichen Regionen Erfolg haben?

Was ist Coworking?

Coworking bedeutet, „zusammen mit anderen Personen in Großraumbüros, Büros mit Workbays oder ähnlich angelegten Räumen, insgesamt Coworking Spaces genannt, entweder für eigene oder gemeinsame Belange“ zu arbeiten“ - Gabler Wirtschaftslexikon

 

Laut einer Studie der Hochschule für Medien in Stuttgart zum Thema Kreativwirtschaft im Ländlichen Raum aus dem Jahr 2018 können Coworking Spaces „zur regionalen Stärkung der Kreativbranchen und deren Partner in Wirtschaft und Gesellschaft beitragen“. Sie erhöhen die Attraktivität ländlicher Räume als Arbeitsort, insbesondere für Gründer*innen und sogenannte Rückkehrer*innen (gemeint sind hier Menschen, die vom Land in die Stadt gezogen sind und nun zurückkehren). Denn Coworking Spaces können die Vorzüge des ländlichen Raumes mit innovativen Arbeitsmodellen, die bisher vorwiegend in Städten Anwendung fanden, verbinden und somit eine Work-Life-Balance ermöglichen, die in urbanen Gegenden nicht im gleichen Maße zu finden wäre.

Zukunftsprojekt aus Oberfranken: „Nordhalben Village“


Dass der Bedarf an solchen Angeboten auch in ländlich geprägten Räumen da ist, zeigt das Projekt „Nordhalben Village – CoWorking und CoLiving“ im Landkreis Kronach. Das über das Modellvorhaben „Land(auf)schwung“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft und dem Bayerischen Sonderprogramm „Förderoffensive Nordostbayern“ geförderte Projekt hat ein leerstehendes Schulgebäude in einen innovativen Wohn- und Arbeitsraum verwandelt. Dadurch sollen Synergien zwischen Freiberuflern, Startups und anderen Kreativakteuren entstehen. Als Teil des Medical-Valley-Netzwerkes der Europäischen Metropolregion Nürnberg liegt der Fokus insbesondere auf digitalen Projekten im Gesundheitsbereich. Das Regionalmanagement Landkreis Kronach und der Markt Nordhalben erhoffen sich somit, neue Anreize zu schaffen, Nordhalben gleichzeitig als Wohn- und Arbeitsort zu nutzen. Im Bereich Coworking bietet das inzwischen fertiggestellte Projekt neben verschiendenen mietbaren Büros auch eine Lounge, eine Cafeteria und einen eigenen Garten inkl. Terasse. Ein großer Konferenzraum mit Blick in den Frankenwald ist auch mit dabei. Wohnen kann man gleich nebenan, in einem von insgesamt acht Apartments, die entweder vorübergehend oder längerfristig von Mitarbeitern gemietet werden können. Hier ein paar Einblicke in den Entstehungsprozess von Nordhalben Village:

Fotos: Halgard Stolte

Kein städtischer Trend, sondern Arbeitskultur der Zukunft

 

Mit dem zunehmenden Breitbandausbau im ländlichen Raum werden auch die Nachteile einer unzureichenden Konnektivität in Zukunft verschwinden. Das Bayerische Breitbandzentrum zeigt in einer interaktiven Karte die Erschließungsgebiete und die Gemeinden im Verfahren, von denen ein Großteil im ländlichen Raum angesiedelt sind. Auch eine Genossenschaft für Coworking auf dem Land hat sich Anfang 2019 gegründet. Mit ihren PopUp-CoWorking Containern testen sie, wo Coworking Sinn macht und eventuell ein dauerhafter Space entstehen könnte.

Was ist ländlicher Raum?

Nach dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) ist ländlicher Raum eine Raumkategorie, die „in ländliche Kreise höherer Dichte und ländliche Kreise geringerer Dichte unterteilt wird und den verstädterten Räumen sowie den Agglomerationsräumen gegenübersteht“.

 

Beispiele wie diese zeigen, dass eine gewisse Dynamik in die Entstehung von Coworking Spaces im ländlichen Raum gekommen ist und auch in Oberfranken spannende Projekte entstehen, die die Zukunft des ortsunabhängigen Arbeitens auf dem Land ein Stück näher rücken lassen. Wir sind gespannt und werden dem „Nordhalben Village“ sicherlich einen Besuch abstatten.

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