Kreativität als Markenzeichen - Auch auf dem Land - Die Künstlerkolonie Fichtelgebirge
Ein Netzwerk. 12 Teilbranchen. Über 130 Mitglieder. Die Künstlerkolonie Fichtelgebirge (KüKo) ist ein interdisziplinäres Netzwerk von Kreativschaffenden im und rund ums Fichtelgebirge. Dabei arbeiten z.B. Texter*innen, Fotograf*innen oder Designer*innen zusammen an Aufträgen aus dem Tourismus, Handel und Gewerbe.
Kreativität ist kein Privileg urbaner Lebensräume
„Durch die praktizierte Synergiestrategie, Multidisziplinarität & die bewusste Verknüpfung von Kreativen, Wirtschaft & Kommunen, liegt der Fokus auf der Entwicklung der Region, da Kreativität und Innovation unserer Auffassung nach kein Privileg urbaner Lebensräume sind“, so die KüKo. Getreu diesem Motto hat sie sich in den letzten Jahren zu der Plattform für Kreativunternehmer*innen rund ums Fichtelgebirge entwickelt. Zu Beginn im Jahr 2011 startete Sabine Gollner mit einem Facebook-Aufruf, auf den sich mehr als 60 Kreativschaffende aus der Region gemeldet hatten. Somit war für die Gründerin klar: Ja, es gibt viele kreative Köpfe in der Region, aber es fehlt noch an einer Schnittstelle für Kreativ-Akteure. Also beschloss sie im Jahr darauf, sowohl den Verein „Künstlerkolonie Fichtelgebirge e.V.“ als auch einen dazugehörigen Förderverein zu gründen.
Innovative Regionalentwicklung für den ländlichen Raum
Mittlerweile ist die KüKo eines von sechs bundesdeutschen Best-Practice-Beispielen, die mit besonderen Ansätzen kulturelle und lebendige Orte in ländlichen Räumen erschaffen und Regionen sozial, wirtschaftlich und kulturell stärken. Mit ca. 130 Mitgliedsunternehmen ist der Verein KüKo zudem das mitgliederstärkste deutsche Netzwerk von Kreativschaffenden im ländlichen Raum und betreibt überdies Lobbyarbeit für den noch jungen Sektor der Kultur- & Kreativwirtschaft auf regionaler, bayerischer & bundesdeutscher Ebene.
In dem nachfolgenden Interview, welches wir mit der KüKo-Gründerin Sabine Gollner geführt haben, erhältst du Insights über aktuelle Projekte des Vereins und erfährst außerdem, welchen Einfluss die Corona-Krise dabei hat.
start.land.flow: Die KüKo ist 2020 eines von sechs bundesdeutschen Best-Practice-Beispielen geworden, herzlichen Glückwunsch! Was bedeutet das für Sie und die KüKo konkret?
Sabine Gollner: Vielen Dank für die Glückwünsche! Für uns bedeutet das konkret und zentral, dass wir uns darüber freuen dürfen, dass durch den Preis offiziell anerkannt wird, dass wir seit 2011 gute Arbeit leisten und dass unsere Kompetenz und Expertise im Aufbau eines regionalen Kreativnetzwerks auch überregional gesehen und anerkannt werden. Wir sind dafür einen steinigen, aber auch sehr konstruktiven Weg gegangen und wünschen uns, dass wir durch die Zusammenarbeit mit „KulturLandTransfer“ noch effektiver und breitgefächerter daran arbeiten können, die Kultur- & Kreativwirtschaft im ländlichen Raum bundesweit zu fördern und zu etablieren.
Natürlich hoffen wir auch darauf, dass der Preis dazu beitragen wird, unsere Sichtbarkeit und Anerkennung in der regionalen Politik und Wirtschaft zu steigern und zu verdeutlichen, dass wir kein reiner Kulturverein sind, sondern ein Netzwerk, das daran arbeitet, den Kreativschaffenden wirtschaftliches Handeln zu vermitteln und der Wirtschaft ein breites Angebot an kreativen Dienstleistungen in der Region zugänglich zu machen.
start.land.flow: Auf Ihrer Website kündigen Sie das „KüKo Business“, den „KüKo Marketplace“ sowie das „KüKo Coworking“ an. Wie kam es zu diesen Ideen? Und gibt es beim „KüKo Business“ einen Unterschied zur bisherigen Auflistung der Kreativschaffenden?
Gollner: Das „KüKo Coworking“ ist bereits aktiv (nähere Informationen gibt es hier). Das „KüKo Business“ ist keine Ankündigung, sondern ein Unterpunkt unserer bestehenden Aktivitätsfelder. Dabei handelt es sich um unser Kooperationsangebot mit der regionalen Wirtschaft. Auf der Plattform können sich Unternehmen kostenfrei über das Angebotsspektrum der KüKo-Mitgliedsunternehmer informieren und sie z.B. für Angebotsabgabe direkt kontaktieren.
Woran wir aber arbeiten ist, dass auf Anfrage Pakete für Kunden geschnürt werden können, um ein maßgeschneidertes Dienstleisterteam für einen bestimmten Bedarf zu finden. Beispielsweise liefern wir Webdesign, Textarbeit, Imagefilme und Grafikdesign zu einem Thema, wobei dann nicht einzelne Kreative, sondern mehrere Mitglieder an dem Projekt beteiligt sind und zusammenarbeiten. Um zu selektieren, nutzen wir vereinsinterne Ausschreibungen. Insofern unterscheidet sich das Angebot von der reinen Auflistung der Kreativschaffenden. Als Gegenleistung für diesen Service erwartet der Verein im Augenblick eine Spende oder eine Mitgliedschaft im eigenen Förderverein KüKo e.V. - aber wir wollen diese Prozesse noch mehr formalisieren.
Der „KüKo Marketplace“ soll sich zu einem „KüKo Onlineshop“ entwickeln, über den direkt die Produkte der Kreativschaffenden der Region bezogen werden können. Allerdings fehlen uns für die Durchführung bisher noch die nötigen Partner und Ressourcen.
Es ist schwierig, jede Idee umzusetzen, die wir für sinnvoll erachten. Leider sind uns oft die Hände gebunden, weil eine strukturelle Förderung fehlt.
start.land.flow: Ihr aktuelles Projekt „Vereinsfinder Fichtelgebirge“ möchte dem Vereinssterben im ländlichen Raum entgegenwirken. Dazu planen Sie, neben der bereits bestehenden Projektwebsite, auch eine experimentelle Zusammenarbeit von Vereinen und anderen kulturellen Initiativen mit Kreativschaffenden in dem ‘RealLabor Fichtel-Lab‘. Können Sie zu diesen Plänen mehr berichten?
Gollner: Die Corona-Krise hat auch dieses Projekt stark beeinträchtigt – so wie die Arbeit von den meisten Kulturvereinen selbst. Viele stecken tief in einer Krise. Deshalb können die meisten Aktivitäten wie z.B. die größer angelegten Vernetzungsevents nicht so ablaufen, wie wir sie uns vorgestellt hatten.
Es werden jetzt alternativ kleinere Workshops durchgeführt, die filmisch dokumentiert werden und dann als Ressourcen auf die Vereinsfinder Website gestellt werden. Es geht grundsätzlich um das Teilen von Wissen, besonders in den Bereichen, von denen die Kreativschaffenden viel verstehen, wie z.B. Webdesign, Software und Film. Wir bemühen uns also, die Vereine bei der Nutzung ihrer digitalen Ressourcen zu unterstützen.
Wir haben auch noch eine schöne weiterführende Idee in Bearbeitung und sind gerade mitten in der Partnersuche – mehr dürfen wir aber noch nicht verraten :-)
Die Universität Bayreuth ist unser Projektträger. Inzwischen führt schon die zweite Gruppe von Masterstudent*innen die Begleitforschung ‚RealLabor FichtelLab‘ durch und ergänzt unseren eher praktischen Ansatz mit Theorie und Auswertung.