16.02.2023Startups

In Rekordgeschwindigkeit von der Idee zum eigenen Unternehmen – degaso startet voll durch

Bildquelle: degaso

Eigentlich wollte Valentin Kummert im Oktober 2021 nur seinem Schwager bei der Eröffnung eines Restaurants unter die Arme greifen. Die ganze Familie packte mit an und als es an die technischen Fragen ging, kam Valentin zum Einsatz. So hat er sich das erste Mal mit Kassensystemen und deren Funktionalitäten auseinandergesetzt. Dass daraus – in Rekordgeschwindigkeit – dann ein eigenes Business entstehen würde, das hat ihn wohl auch selbst ein bisschen überrascht.

Das muss doch besser gehen

Eine der ersten Erkenntnisse, die Valentin bei der Arbeit mit einem herkömmliches Kassensystem auffiel ist: „Das macht überhaupt keinen Spaß ein solches Kassensystem einzurichten. Ich hatte das Gefühl, das ist alles so ein bisschen an der Zielgruppe vorbei entwickelt“, erzählt er. Inhaltlich und fachlich war die Software sicher nicht falsch, aber er kam zu dem Ergebnis: Hier wurde zu viel aus der Entwicklerperspektive und zu wenig aus der Gastronomenperspektive gedacht. Hinzu kommen weitere Stolpersteine, die Valentin zumindest überrascht, wenn nicht sogar verärgert haben. So ist man bei vielen Anbietern von Kassensystemen hardwaregebunden und jede:r zusätzliche Nutzer:in benötigt weitere Geräte oder zusätzliche Anwendungen, die dann natürlich auch weitere Kosten bedeuten. Valentin Kummert (Bildquelle: degaso)Valentin Kummert (Bildquelle: degaso)„Das kann man irgendwie besser machen“, dachte sich Valentin, bestellte sich als erste Amtshandlung einen Bondrucker und fing an neben seinem Job ein wenig daran herumzutüfteln. Das nahm aber schnell so viel Zeit in Anspruch, dass sich Valentin entschied seinen festen Job zu kündigen und sich voll und ganz seiner Idee und deren Umsetzung zu widmen.

Immer Vollgas weiter

Unterstützung gab es dann übrigens erstmal von Seiten der Agentur für Arbeit. Nachdem Valentin einen AVGS (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein) über die Agentur beantragt hatte, konnte er diesen für ein Gründungscoaching einsetzen und erhielt dort Hilfe bei der Entwicklung des Businessplanes und der Beantragung einer Gründungsförderung – die er auch erhielt. Und währenddessen wurde natürlich die ganze Zeit fleißig weiterprogrammiert. Ehe er sich versah war ein halbes Jahr vorbei und Valentin schon mitten bei der Kundenakquise.

Das hört sich nach einer absoluten Bilderbuchgeschichte an, aber die Belastung für Valentin, der bis dato alles komplett alleine gemacht hat, war immens. Er erzählt: „Mitte 2022 habe ich dann gemerkt, wenn ich so weitermache, dann fahre ich gegen die Wand. Mir war klar, ich kann das nicht mehr alleine machen, ich brauche Unterstützung.“ An diesem Punkt kamen Claudio Büttner und Jan Stippich ins Spiel, die Valentin bereits aus dem Gründerzentrum in Coburg kannte. Alle drei hatten dort ihre Büros, verstanden sich von Anfang an gut, tauschten sich regelmäßig aus und unterstützten Valentins Idee bereits mit ihrer Expertise. Da lag es nahe, sich auch offiziell zusammenzutun und umzufirmieren. Seitdem hat degaso also drei Gründer, jeder mit seinem Aufgabengebiet.

Ein Blick hinter die Kulissen

Auf meine Frage hin, wie denn so eine komplette Bestellung und Bezahlung standardmäßig abläuft, was also passiert, wenn ich als Gast meinen Wunsch an die Bedienung geäußert habe, erfahre ich, dass es DEN Standardprozess nicht gibt. Dafür gibt es zu viele verschiedene Szenarien in der Gastronomie: bestelle ich an der Bar und nehme ich mein Getränk gleich mit; ordere ich nur, und das Getränk wird gebracht; muss ich Trinken holen, aber Essen wird gebracht; muss ich gleich nach der Bestellung bezahlen oder wird am Ende alles bei dem:der Kellner:in bezahlt; muss ich eventuell für die Kartenbezahlung sogar an die Hauptkasse und es folgen noch weitere zahlreiche Optionen.Demoversion der Kassensoftware (Bildquelle: degaso)Demoversion der Kassensoftware (Bildquelle: degaso)

Eines verbindet allerdings all diese Optionen und das ist das Stichwort TSE (= Technische Sicherheitseinrichtung). Ein schwieriges aber unglaublich wichtiges (und verpflichtendes) Thema. Zum einen liegen hier die Gastronom:innen in der Pflicht, andererseits darf eine Kasse ohne TSE auch gar nicht verkauft werden. Kurz gesagt dient TSE dazu Schwarzgeld zu verhindern. Valentin beschreibt das so: „Im Grunde genommen sitzt da jemand absolut unbestechliches neben der Kasse und schreibt alles unveränderlich für die Ewigkeit (oder zumindest zehn Jahre) mit.“ Lange war hier ein USB-Stick Standard, der allerdings nur einmal beschreibbar und für fünf Jahre gültig war, zudem war dieser relativ leicht zu hacken.

Diese bisherigen Probleme lösen Cloud TSEs, die mit einer Blockchain Technologie arbeiten. Super Buzzword, aber was heißt das nun genau? Die Kassensoftware wird mit einer Schnittstelle zu einer solchen Cloud verbunden – degaso arbeitet hier mit der österreichischen Firma fiskaly zusammen. Jede eingegebene Bestellung wird also unmittelbar an fiskaly übermittelt, die diese wiederum in ihre Blockchain schreibt. Somit ist nichts mehr daran veränderbar und man hat alle Daten fürs Finanzamt sofort bereit.

Das Kassensystem von degaso ist so aufgebaut, dass es eine Hauptkasse benötigt – welches Gerät das ist, spielt dabei keine Rolle. Das kann ein alter Laptop, ein Tablet oder sogar ein Handy sein, ein klassisches Kassenterminal ist aber natürlich auch möglich – ganz nach Wunsch des:der Kunden:in. Wenn diese Hauptkasse installiert ist, steht dem Betrieb nichts mehr im Wege. Denn jede Servicekraft kann binnen von Sekunden via QR-Code mit einem weiteren Gerät (das kann auch das eigene Handy sein) hinzugefügt werden. Ohne Zusatzaufwand, ohne Zusatzkosten oder zusätzliche Geräte. Klingt gut, oder? Darüber hinaus gibt es aber noch viele weitere Features wie die Möglichkeit Zubereitungshinweise für Barkeeper:innen zu hinterlegen oder das always ready Feature, dass sicherstellt, dass auch bei einem WLAN-Ausfall möglich ist, Bestellungen aufzunehmen (Stichwort Biergarten, denn hier bewegen sich die Bedienungen oft außerhalb des WLANs). Außerdem steht es den Gastronom:innen frei mit welchem Kartenzahlsystem sie arbeiten wollen, was bei herkömmlichen Kassensystemen oft vorgegeben ist.

Wie wird es mit degaso weitergehen?

Der größte Meilenstein war der erste Kunde, nach zwei weiteren Interessent:innen war erstmal Stopp, denn das Team wollte mit dem bisherigen Feedback ein absolut rund laufendes System anbieten. Das gibt es mittlerweile, sodass es auch weitere Nutzer:innen schon mit degaso arbeiten. Der aktive Vertrieb läuft aber erst jetzt so richtig an. Umso beeindruckender, dass bereits einige (erfolgsversprechende) Gespräche mit Investor:innen stattfanden, die dann seitens degaso aber abgelehnt wurden. Valentin erklärt, dass sie sich entschieden haben, erstmal aus eigener Kraft heraus zu wachsen und bekannter zu werden, denn Bootstrap funktioniert momentan gut für degaso. Bei hunderten von Kassenanbietern will Valentin nicht nur mitschwimmen, sondern „bei den ganz Großen mitgelistet werden“. Hierfür ist viel Investition nötig, weshalb das Thema auch nicht vom Tisch ist, aber sich in die Zukunft verschoben hat.

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