Hilfe, Fokus gesucht!
In unserer Reihe 'Buchinspirationen' möchten wir euch Werke vorstellen, die uns selbst inspiriert haben. Den Themen der Bücher sind dabei keine festen Grenzen gesetzt. Alles, was sich rund um das Thema start.land.flow ansiedelt, kann eine Rolle spielen. Vielmehr geht es darum, dass der Inhalt auch nach dem Lesen noch im Kopf weiterhallte und vielleicht einen neuen Gedankenanstoß im Leben bewirkte. Das können daher Sachbücher oder auch Romane sein - alles, was man eben beim Schmökern auf der Couch oder in der Sonne entdeckt. Dieses Mal geht es um 'Konzentriert arbeiten' von Cal Newport.
Wem schenken wir unsere Aufmerksamkeit? Das ist wohl eine der Kernfragen des 21. Jahrhunderts. Unser Fokus hat sich zu einem kostbaren Gut entwickelt – für uns selbst und ebenso wie für viele wirtschaftlichen Akteure. Damit einher geht, dass wir mit allen Mitteln von Kunst und Kommerz verführt werden, um unsere Aufmerksamkeit zu schenken. Um uns wird dabei höchstwahrscheinlich mit mehr Ehrgeiz und Energie geworben, als wir selbst aufbringen, um den eigenen Fokus auf unsere eigenen Aufgaben und Ziele zu legen. Cal Newport widmet das Buch 'Konzentriert arbeiten' dem Thema, wie man aus dem Teufelskreis des Zerstreut-seins ausbrechen kann.
Das Herzstück darin ist der Begriff Deep Work. Damit meint er eigentlich einfach nur den Zustand von störungsfreier und fokussierter Arbeit. Aber mal an die eigene Nase gefasst: Wie oft und wie lange befindet man sich an einem durchschnittlichen Tag im Deep-Work-Modus? Wahrscheinlich überraschend selten. Und so ergeht es laut Newport den meisten Menschen heutzutage – wir alle haben uns zu Ablenkungsjunkies entwickelt.
Jeder kennt das Vorhaben, die Ansage an sich selbst: Heute wird mal wieder richtig fokussiert gearbeitet. Oder vielleicht auch nur ein Text ohne Unterbrechung gelesen, aber schon zehn Minuten später ertappt man sich bereits wieder dabei, wie der Daumen auf Instagram den Feed aktualisiert oder die Emails checkt. Nur kurz. Aber genau das ist laut Newport eines der größten Probleme, die es anzugehen gilt. Denn dieser kurze Moment hat in Wahrheit viel längere Auswirkung als wir denken. Im Schnitt braucht man danach etwa 20 Minuten, um wieder an dem Punkt zu sein, an dem man vor der Ablenkung war. Newport nimmt damit gleich zu Beginn die Illusion, die wir oft haben: Nämlich, dass man nicht einfach via An- und Ausschaltknopf zwischen Ablenkung und Fokus hin- und herwechseln kann.
In seinem Buch stellt der Informatikprofessor Methoden vor, die dabei helfen sollen, die Konzentrationsphasen zu verlängern und die Deep-Work-Methodik als Routine zu etablieren. Konzentriert arbeiten ist aufgebaut in vier Themenbereiche, in denen Newport ebenso viele Regeln ableitet, mit denen man Deep-Work-Phasen leichter etablieren kann. Hier ein knapper Einblick:
Deep Work in den Zeitplan integrieren und mit Routinen und Rituale etablieren - wie?
Für die Umsetzung von Wünschen und Zielen (wie Konzentration), braucht man Willenskraft – die ist aber nicht endlos verfügbar, weshalb es oft zu anstrengend ist und man von den guten Absichten schnell wieder abfällt. Der Clou: diese Wünsche in Routinen implementieren, weil man dann weniger Willenskraft benötigt. Bis dahin ist es aber ein weiter Weg, weshalb die Regeln zwei bis vier handfestere Strategien liefern.
Langeweile wieder ins Leben lassen
Das klingt doch gut machbar: mehr Langeweile ins Leben einbauen. Aber leichter gesagt als getan, denn: „Hat man sein Gehirn auf permanentes Multitasking getrimmt, ist es schwer, das wieder abzuschalten.“ Das Internet wird auch immer mehr zum zentralen Mittelpunkt der Freizeit, deshalb setzt Newport Internetnutzung gleich mit der Suche nach Ablenkungsreizen und prophezeit, dass „jedes Bemühen, Ihre Konzentration zu verstärken, scheitern wird, wenn Sie nicht gleichzeitig Ihren Verstand von der Ablenkungssucht entwöhnen."
Raus aus den sozialen Netzwerken!
Logisch, kein Ratgeber kommt wahrscheinlich damit aus, ohne den Social Media Konsum unter die Lupe zu nehmen. Newport ruft dazu auf, die Netzwerke aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und anhand von Kriterien zu erarbeiten, welche Tools wirklich von Bedeutung für die eigenen beruflichen und privaten Ziele und Interessen sind.
Konzentriert arbeiten geht auf ein sehr aktuelles und allgegenwärtiges Problem ein und arbeitet die Herausforderungen ausführlich auf. Der Schreibstil ist sehr leicht verdaulich. Das liegt vor allem daran, dass Newport die meisten Probleme anhand von Anekdoten oder persönlichen Begegnungen mit Menschen einführt. Empfehlenswert ist gerade sein realistischer Umgang mit Social Media oder anderen potenziellen Aufmerksamkeitsschluckern. Denn Newport ist sich dessen bewusst, dass es vielen nicht möglich ist, auf Instagram, Linkedin und ständiges Mailchecken zu verzichten – sei der Nutzungsgrund beruflicher oder privater Natur. Von dieser Prämisse ausgehend stellt er Methoden vor, wie man trotz dieser täglichen Ablenkungsgiganten an seinem Fokus arbeiten kann. Ansprechend ist auch, dass er aus seinen Erkenntnissen keinen Hype oder eine Art optimierende Ersatzreligion aufbauen will: „Das Bestreben nach Deep Work ist keine moralische Einstellung und keine philosophische Aussage, es ist vielmehr die pragmatische Einsicht, dass die Konzentrationsfähigkeit eine Qualifikation ist.“