23.08.2022Ratgeber

Arbeitsrecht Einmaleins: Was muss ich beim Suchen, Einstellen und Beschäftigten von Mitarbeitern beachten?

Grafik: Leah Mühlöder

Schon mal von AGG, NachweisG oder dem „Recht zur Lüge“ gehört? Wer für sein Startup Mitarbeiter*innen möchte, sollte diese Begriffe auf jeden Fall kennen. Denn bei der Suche nach geeigneten Mitstreiter*innen gilt es bestimmte Vorgaben zu beachten. Auch der Abschluss und Inhalt eines Arbeitsvertrages birgt einige Stolpersteine. Da das Arbeitsrecht ein komplexes Rechtsgebiet ist, das gerade zu Beginn einer unternehmerischen Karriere einige Fragezeichen aufwerfen kann, haben wir Dir hier die wichtigsten Punkte zusammengefasst.

 „Suche Mensch, der mit mir arbeiten will“: Die Kriterien einer Stellenausschreibung

In Deutschland muss bei Stellenanzeigen das AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) beachtet werden. Nach dem AGG muss eine Stellenausschreibung diskriminierungsfrei sein. Dazu gibt es in § 1 AGG eine Aufzählung an Merkmalen, die bei einer Stellenausschreibung beachtet werden müssen, unter anderem die Herkunft, das Alter oder das Geschlecht.

So ist zum Beispiel eine Stellenanzeige in der „frische Hochschulabsolvent*innen (m/w/d)“ gesucht werden diskriminierend im Hinblick auf das Alter. Es wird zwar nicht direkt auf das Alter Bezug genommen, aber mittelbar fühlen sich durch die Formulierung ältere Bewerber*innen ausgeschlossen.

Wenn die Stellenausschreibung gegen eines dieser Kriterien verstößt, kann es sein, dass ein*e abgelehnte*r Bewerber*in Dich auf Schadensersatz verklagt. Im schlimmsten Fall kostet das bis zu drei Monatsgehälter. Allerdings ist es inzwischen eine Voraussetzung, dass der*die Bewerber*in ernsthaftes Interesse an der Stelle hatte und dafür qualifiziert sein musste. Das sogenannte „AGG Hopping“, bei dem sich vor ein paar Jahren Leute ein lukratives Nebeneinkommen durch das Abschicken zahlreicher Bewerbungen verdienen wollten, ist damit zum Glück nicht mehr möglich. Einen Anspruch auf Einstellung haben abgelehnte Bewerber*innen im Übrigen nicht. Interessant zu wissen ist auch noch, dass Du in der Stellenausschreibung nicht ausdrücklich nach einem Lichtbild verlangen darfst. Das Aussehen ist nach der Rechtsprechung –  Modeljobs mal ausgenommen –  nicht relevant für die Tätigkeit.

Von Kindern, Gott und dem Gefängnis: Die Regeln beim Bewerbungsgespräch

Wenn Du die interessanten Kandidat*innen nicht per Video-Konferenz, sondern vor Ort persönlich kennenlernen möchtest, musst Du beachten, dass du als potenzielle*r Arbeitgeber*in grundsätzlich die Aufwendungen des Bewerbers dafür erstatten musst. Das sind die Fahrkosten und bei einer längeren Anreise gegebenenfalls sogar eine Übernachtung. Wer das nicht möchte, muss das ausdrücklich vor dem Gespräch, zum Beispiel durch eine entsprechende Klarstellung in einer E-Mail, ausschließen.

Im Bewerbungsgespräch selbst möchtest Du den*die potentielle*n neue*n Mitarbeiter*in dann natürlich so gut es geht kennenlernen. Beachte hierbei aber, dass es einige unzulässige Fragen gibt. Auch wenn Dich vielleicht die Familienplanung oder religiösen Überzeugungen interessieren, darf das nicht gefragt werden. Der*die Bewerber*in muss nicht einmal wahrheitsgemäß antworten. Er*sie hat ein „Recht zur Lüge“. Bei Fragen zu Vorstrafen oder dem Gesundheitszustand gilt es ebenfalls vorsichtig zu sein. Die gewünschten Informationen müssen für die zu besetzende Stelle tatsächlich relevant sein, um hiernach konkret fragen zu dürfen.

Ein Vertrag sie zu knechten? Die wichtigsten Fakten zum Arbeitsvertrag und Formen der Mitarbeit

Zunächst empfiehlt es sich auf jeden Fall, einen schriftlichen Arbeitsvertrag abzuschließen. Das ist zwar keine Pflicht, allerdings hilft es Dir im Fall von Rechtsstreitigkeiten und gibt einen genauen Überblick über die vereinbarten Arbeitsbedingungen. Zudem musst Du als Arbeitgeber*in nach § 2 NachweisGesetz (NachweisG) dem*der Arbeitnehmer*in sowieso spätestens einen Monat nach Arbeitsbeginn die wichtigsten Arbeitsbedingungen in schriftlicher Form übermitteln.

Nicht jede*r, der*die für Dein Unternehmen tätig wird, ist aber automatisch auch Arbeitnehmer*in. Die drei für ein Startup wohl wichtigsten Beschäftigungsformen mit ihren Rechten und Pflichten haben wir Dir einmal zusammengefasst:

Praktikant*innen

Praktikant*innen sind entgegen weit verbreiteter Ansicht vom Gesetzgeber nicht als „billige Arbeitskraft“ vorgesehen worden. Sie gelten von Gesetzes wegen auch nicht als Arbeitnehmer*in. Bei einem*r Praktikant*in steht immer der Ausbildungszweck im Vordergrund. Wenn er*sie also als Ersatz für eine Voll- oder Teilzeitstelle behandelt wird, ist der*die Arbeitgeber*in auch verpflichtet eine entsprechende Vergütung zu bezahlen. Das Gleiche gilt bei den Beiträgen zur Sozialversicherung.

Eine klassische Ausnahme sind ausbildungsrelevante Praktika. Das heißt, es ist nur der, in der Ausbildungsordnung schriftlich festgehaltene Pflichtzeitraum vom Mindestlohn befreit. Wenn es heißt „mindestens sechs Wochen Pflichtpraktikum“ bedeutet das für dich als Arbeitgeber*in „maximal sechs Wochen kein Mindestlohn – nicht mehr“. Man muss also genau aufpassen, wie lange und unter welchen Voraussetzungen ein*e Praktikant*in unentgeltlich eingesetzt werden darf.

Werkstudent*innen

Für Werkstudent*innen gilt das „Werkstudentenprivileg“. Das ist insofern gut für dich als Arbeitgeber*in, da Du für eine*n Werkstudent*in, mit Ausnahme der Rentenversicherung, keine Sozialabgaben leisten musst. Voraussetzung des Werkstudentenprivilegs ist, neben der Immatrikulation an einer Hochschule, dass die wöchentliche Arbeitszeit während des Semesters 20 Stunden nicht überschreitet. Du solltest dir hier am besten immer wieder eine aktuelle Immatrikulationsbescheinigung vorlegen lassen, um sicher zu gehen. Ausnahmen von der 20-Stunden-Regelung gelten zum Beispiel während der vorlesungsfreien Zeit.

Freie Mitarbeit*in / Freelancer

Beim Thema Freelancer und Startups musst Du vorsichtig sein. Freie Mitarbeiter*innen laufen nämlich Gefahr als „Scheinselbstständige“ tätig zu sein und sind eigentlich Arbeitnehmer*innen. Das betrifft auch Dich als Gründer. Wenn herauskommt, dass dein*e Mitarbeiter*in eigentlich Arbeitnehmer*in war, musst Du erhebliche Nachzahlungen an die Sozialversicherungen leisten. Wenn man hier auf Nummer sicher gehen will, dann sollte der*die freie Mitarbeiter*in auf jeden Fall noch weitere Auftraggeber*innen vorweisen können. Du kannst außerdem bei der Deutschen Rentenversicherung das „Statusfeststellungsverfahren“ durchführen lassen. Dabei wird überprüft, ob die strengen Voraussetzungen für eine freie Mitarbeit erfüllt sind.

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